
Aktuell beschäftigen Sie sich unter anderem auch mit der Verbreitung von winzig kleinen Tröpfchen, die Viren enthalten können, den sogenannten Aerosolen. Hat Ihr Berufsleben durch die Pandemie einen neuen Dreh bekommen?
Nun, die Aufmerksamkeit für unsere Aerosol-Forschung ist groß. Uns erreichen Anfragen von Kammern, Verbänden und Medien, die mit einem hohen Zeitaufwand verbunden sind und quasi nebenher laufen.
Als die erste Welle der Pandemie ausbrach, stellten wir fest, dass wir aufgrund der Parallelen zu bisherigen Versuchen und Computersimulationen einen Beitrag zur Aufklärung der Aerosol-Verbreitung leisten können. Kooperationspartner waren schnell gefunden: Jetzt führen wir beispielsweise Messungen in den Proberäumen des Thomanerchors Leipzig durch. Die teilnehmenden Sänger/innen unterziehen sich übrigens dauerhaft Corona-Tests, so dass wir im Sinne guter wissenschaftlicher Praxis eine sichere Durchführung garantieren können.
Außerdem nutzen wir unsere Versuchsaufbauten am Institut für Mechanik und Fluiddynamik, um sogenannte Schlieren-Aufnahmen von ausgeatmeter Luft zu erstellen. Im Grunde ist diese nämlich einfach wärmer, als die Umgebungsluft. Daraus wiederum lassen sich hinsichtlich der Wirksamkeit des Maskentragens Schlüsse ziehen.
Gleichzeitig versuchen wir, Aktionismus zu vermeiden und gehen sehr vorsichtig mit Anfragen oder angebotenen Kooperation zur „Corona-Forschung“ um. Mein Team und ich sind immer noch Strömungsmechaniker!
Methodik und Versuchsaufbau sind also gleichgeblieben?
Egal ob Aerosole und die darin enthaltenen Viren in der Luft oder Mikroplastik-Partikel im Wasser: Unser Ansatz ist es, Strömungen zu untersuchen, zu beschreiben und zu modellieren. Das Verhalten von mikroskopisch kleinen Partikeln in der Luft ist kein neues Forschungsfeld der Professur. Die Expertise für die neuen biomedizinischen Fragestellungen war also schon an unserem Institut vorhanden. Wir untersuchen auch weiterhin das Verhalten der Aerosole – wir machen jedoch keine Aussagen dazu, wie gefährlich die darin enthaltenen Viren sind oder, wie hoch das Risiko einer Ansteckung ist.
Und wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Aerosol-Forschung an Ihrem Institut?
Konkret bereiten wir derzeit Aerosol-Messungen in einem Patientenzimmer des Uniklinikums Leipzig vor und werden uns an einem Kohlendioxid-Monitoring ausgeatmeter Luft in Klassenzimmern beteiligen. Ich denke, das Thema wird uns noch eine ganze Weile begleiten – als ein Forschungsprojekt unter vielen anderen.